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„Wir wollen bei Familie und Freunden leben“

Der Westen vom 25.07.2016

 

Halberbracht. Demografischer Wandel. Landflucht besonders der jüngeren Generationen. Das scheinen in Halberbracht keine brennenden Themen zu sein. Hört man die Argumente der jungen Erwachsenen, die ihrem Heimatort eben nicht den Rücken kehren, sondern dort sesshaft werden wollen, stellt sich die Frage: Ist das Lennestädter Bergdorf Halberbracht wirklich nur eine Ausnahme?

Katharina Hammerschmidt und ihr Freund Kevin Schweinsberg waren drei Jahre weg aus ihrem Dorf. Arbeiteten in Attendorn. Sie als Mitarbeiterin eines Geldinstituts, er als Metallbau-Ingenieur. „Eine schöne Zeit, die Hansestadt hat einiges zu bieten“, erinnert sich das Paar. Auch wenn die gastronomischen Angebote in Attendorn in den letzte Jahren doch etwas zurück gegangen sind. Zuerst war ihnen gar nicht bewusst, dass sie in diesen Jahren oft, sehr oft in Halberbracht waren.

Familie und Freunde

In den großen Familien war immer was los. Und natürlich im riesigen Freundeskreis. „Als wir uns bewusst wurden, dass wir praktisch jedes Wochenende in unserem Heimatort waren, habe wir gemeinsam den Entschluss gefasst, uns dort fest anzusiedeln“, so Katharina Hammerschmidt.

Kevins Schwester Sarah und deren Mann Martin Wolf haben ihr Haus direkt nebenan errichtet. Sie: gestandene Sauerländerin, er: waschechter Meerbuscher. Gemeinsam lebten sie etliche Jahre in Duisburg. Schnell reifte der Plan: Wenn Kinder da sind, siedeln wir um ins Sauerland. Was dann aber gar nicht so einfach war. Denn es gab hinreichend behördlicher Fallstricke, die zu überwinden waren.

Martin Wolf: „Hier lebte die ganze Familie, wir wollten unbedingt wieder nach Halberbracht.“ Eigenheime wurden nicht zum Kauf angeboten, da reifte der Plan zum Bau eines Eigenheims. Aber auch da gab es Probleme: Weit und breit war kein Bauland vorhanden.

Weitere Bauwillige

Es wurden Unterschriften gemeinsam mit anderen Bauwilligen gesammelt, doch zunächst biss man bei der Stadt auf Granit. Geogene Gegebenheiten wie Grenzwertüberschreitungen der Kategorie Babynahrung sorgten für politische Diskussionen. Schließlich waren die städtischen Bedenken mit einem Bodenaustausch bzw. einer Auffüllung mit Mutterboden ausgeräumt. Die Bagger konnten rollen.

Guido Haase (Liegenschaftsabteilung der Stadt Lennestadt) bestätigt das große Interesse der heimischen Bauwilligen: „Es liegen bereits Listen von Interessenten bei uns vor, die sich ebenfalls massiv für eine Baumöglichkeit in Halberbracht interessieren.“ Diesen Wünschen will die Stadt mit einer Änderung des Bebauungsplans „An den Birken“ und einer Ausweisung von rund 3000 qm unterhalb der bestehenden Wohnstraße entsprechen. Fünf bis sechs neue Häuser könnten dort entstehen.

Familienbande

Sind es also nur die familiären Bande, die die jungen Halberbrachter im eigenen Dorf hält oder dorthin zurückkehren lässt? Es liegt wohl auch an der Politik bei den Baulandpreisen. „In Dünschede hätten wir für den Quadratmeter das Doppelte gezahlt“, so Schweinsberg. Und seine angehende Gattin Katharina pflichtet bei: „In Halberacht sind die Baulandpreise noch erschwinglich.“

Für die Direktversorgung im Dorf wünscht sie sich besonders für die älteren Menschen eine Nahversorgung durch den Dorfladen und darüber hinaus über einen Lieferservice oder Verkaufswagen. Schade sei es, dass die kleine Grundschule schon vor Jahren geschlossen wurde. Die Mädchen und Jungen müssen jetzt nach Meggen fahren.

Noch wichtiger sei für junge Eltern aber die Existenz eines Kindergartens am Ort. Unvergleichlich sei auch der Blick aus dem Höhendorf hinab in die Täler, schwärmt Martin Wolf: „Und jetzt ist auch mein Traum wahr geworden: Wir sind mit wenigen Schritten zum Spaziergang im benachbarten Wald.“